Depression – werden Angehörige mit krank?

Depression ist eine Krankheit, die auch das Umfeld massiv belastet. Oft ist es die Unsicherheit, wie Angehörige damit umgehen sollen.
Depression ist längst eine Volkskrankheit der modernen Industriegesellschaft. Und auch für Angehörige nicht ungefährlich. Foto pixabay.com:

Weichei? Einfach mal zusammenreißen! Solche Worte und Sätze hören Menschen oft, die an Depression leiden und mit bestimmten Situationen einfach nicht mehr klarkommen. Und es sind genau die falschen Sätze, macht Dr. Dirk Schmoll klar. Er ist der Chefarzt der Klinik Psychiatrie und Psychotherapie am Städtischen Klinikum Görlitz. „Diese Aufforderungen sind vor allem deshalb unangebracht, weil sie bestehende Schuldgefühle und Selbstvorwürfe verstärken“, weiß der Experte für die Behandlung von Depressionen. „Denn die Betroffenen sagen sich das schon oft genug selbst und leiden darunter!“

Depression – oft genügt reine Willenskraft eben nicht

Dass durch solche Aufforderungen Schuldgefühle bei den Betroffenen verstärkt werden können, ist eine Erfahrung, die auch Antje Mimz gemacht hat. Sie arbeitet als Diplomsozialarbeiterin am Klinikum in Görlitz. „Für Gesunde ist es schwierig, psychische Erkrankungen nachvollziehen zu können – und es ist eines der Vorurteile, dass man der Depression mit reiner Willenskraft begegnen kann.“ Auch das hat sie in den Jahren der Praxis immer wieder festgestellt.

Was ist der richtige Weg bei Depression?

Was also ist der richtige Weg? Und gibt es ihn überhaupt, den richtigen Weg? Besonders wichtig ist Geduld, so die Mediziner. Und der Versuch, sich in die Situation der Betroffenen hineinzuversetzen. „Abzuraten ist aber von bohrenden Nachfragen nach belastenden Ereignissen in der Vergangenheit, da sie das Grübeln der Kranken nach möglichen Ursachen verstärken können“, unterstreicht Chefarzt Dr. Dirk Schmoll. Und warnt: Die Betroffenen sollten nicht mit langen Problemgesprächen überfordert werden.

Müssen Angehörige alles kritiklos hinnehmen?

Aber muss man als Angehöriger alles hinnehmen oder darf man an Depressionen Leidenden auch widersprechen? „Kritik ist erlaubt und kann hilfreich sein, wenn sie erstens konkret und nicht allgemein formuliert ist“, so Dr. Dirk Schmoll. Zudem müsse Kritik in jedem Fall wohlmeinend und nicht bösartig sein, „das vermögen Kranke durchaus zu unterscheiden“. Angehörige sollten dabei nicht allein an die Betroffenen denken, sondern auch an sich selbst, stellt Antje Mimz klar. „Forderungen der depressiv Erkrankten können häufig nicht zu deren Zufriedenheit erfüllt werden“, weiß sie aus der Praxis. „Es gilt hier, eigene Grenzen zu beachten und sich immer wieder zu fragen, was halte ich noch aus?“

Auch Angehörige von an Depression Erkrankten müssen dringend auf sich achten, raten Mediziner. Foto: RKI

Angehörige sind keine Therapeuten und Experten für Depression

Und Angehörige sollten zudem dringend darauf achten, auch weiterhin Dinge für sich selbst zu tun. „Als Angehöriger sollte man daran denken, dass man nicht Arzt oder Therapeut des Erkrankten ist und dies auch nicht leisten kann und muss!“ Grundsätzlich sollten Angehörige nicht die Gefahr einer Überforderung unterschätzen, warnt der Görlitzer Chefarzt. Die Gefahr sei groß, Kranken dauerhaft zu viele Aufgaben abzunehmen, was zum einen die Angehörigen überfordern kann, und zum anderen auch nicht in jedem Fall gut für die Betroffenen selbst ist. „Denn dadurch können Passivität, Angst und Selbstunsicherheit bei den Erkrankten verstärkt werden“.

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