Darmkrebs: Viele Tumore müssten gar nicht erst entstehen

Am Kompetenzzentrum für Chirurgische Koloproktologie an den Oberlausitz-Kliniken in Bautzen gibt es hochmoderne Therapie-Möglichkeiten bei Darmkrebs. Dabei wäre das für viele Betroffene gar nicht nötig, sagt der Chefarzt.
Vor einem großen Bildschirm, auf dem ein Darm von innen zu sehen ist, steht ein Mann im blauen Arztkittel mit einem Endoskop, neben ihm eine junge Frau in einem lila Arztkittel
Oberarzt Dr. Hartmut Völkel und Schwester Sabrina in der neuen Endoskopie des Kompetenzzentrums Darmkrebs in den Oberlausitz-Kliniken Bautzen Fotos: OLK

Dass statistisch gesehen jedes Jahr die komplette Einwohnerschaft einer Stadt wie Bautzen die Diagnose Darmkrebs erhält, ist nicht nur dramatisch, sondern vor allem auch absolut vermeidbar. Davon jedenfalls ist Dr. Ulrich Keßler überzeugt. Er ist der Chefarzt der Chirurgischen Klinik Bautzen an den Oberlausitz-Kliniken und gleichzeitig auch Leiter des Kompetenzzentrums für Chirurgische Koloproktologie der Klinik. „Und dass in Deutschland jedes Jahr 25.000 Frauen und rund 30.000 Männer neu an Darmkrebs erkranken, hängt auch mit der noch immer viel zu geringen Nutzung der Darmspiegelung als nahezu perfekter Vorsorge zusammen“, sagt er mit Blick auf seine täglichen Erfahrungen mit dem Thema. Deshalb nimmt die Klinik den offiziellen Darmkrebsmonat März zum Anlass, noch einmal nachdrücklich auf die Chance hinzuweisen.

Darmkrebs ist zunächst immer ein völlig ungefährlicher Polyp

„Viele Tumore im Darm müssten gar nicht erst entstehen“, macht der Bautzener Spezialist klar. Denn ein Tumor ist im Frühstadium fast immer zunächst ein völlig ungefährlicher Polyp in der Darmschleimhaut. Bei der Darmspiegelung werden diese Polypen entdeckt und gleich entfernt. „So dass dann keine Gefahr mehr besteht, dass daraus eine Krebsdiagnose entstehen kann“, unterstreicht Dr. Ulrich Keßler. Der zunächst ohne wirkliche Symptome daherkommende Darmkrebs werde vor allem von Männern noch immer viel zu sehr auf die leichte Schulter genommen, ärgert sich der Bautzener Chefarzt. „Das Risiko an Darmkrebs zu sterben ist im Vergleich zu anderen Krebsarten sehr hoch, wenn nicht rechtzeitig erkannt!“ Ein Drittel aller Krebstoten litt an Darmkrebs.

Hochspezialisierte Behandlungsmöglichkeiten gegen Darmkrebs

„Glücklicherweise sind die Zahlen in Sachen Sterblichkeit dennoch ein deutlicher Rückgang“, freut sich Dr. Keßler. „Unsere Behandlungsmöglichkeiten sind mittlerweile sehr, sehr gut!“ Vernetzte Therapie lautet dabei das „Erfolgsrezept“. Im Bautzener Kompetenzzentrum werden die Einzelfälle zum Einen mit allen relevanten Bereichen besprochen – Chirurgen, Gastroenterologen, Onkologen, Urologen, Strahlentherapeuten, Radiologen, Anästhesisten, Pflegekräfte und nicht zuletzt auch Psychologen arbeiten im sogenannten Tumorboard eng vernetzt zusammen. Zum Anderen werden – vor allem im Enddarmbereich – chirurgische Eingriffe mit Chemotherapie kombiniert, „so werden große Tumore zunächst bestrahlt oder mit bestimmten Medikamenten verkleinert und erst dann chirurgisch entfernt“.

Dieser Tumor im Enddarm wurde durch Operation entfernt. Foto: Oberlausitz-Kliniken

Bautzener Klinik ist eines von deutschlandweit 45 zertifizierten Zentren

Die unterschiedlichen Therapieansätze sind natürlich abhängig vom Stadium der Erkrankung; so Dr. Ulrich Keßler. „Und alles ist individuell abgestimmt“. Denn den einen Darmkrebs, so der Bautzener Fachmann, den einen Darmkrebs gibt es nicht. „So wie jeder Mensch ein Individuum ist, so ist auch eine Krankheit individuell.“ Und braucht individuelle Therapien. Die sind in einem hoch spezialisierten Zentrum in der kompletten Bandbreite und auf der Basis einer langjährigen Erfahrung natürlich möglich. „Es kommt schon darauf an, wo man sich behandeln lässt“, sagt Dr. Ulrich Keßler. Und er verweist darauf, dass sein Kompetenzzentrum erst vor wenigen Wochen zum wiederholten Male gemeinsam von der Deutschen Gesellschaft für Koloproktologie und der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Vizeralchirurgie zertifiziert worden ist. Damit hat die Klinik in Bautzen eines von nur noch insgesamt 45 zertifizierten Zentren deutschlandweit. Wobei nicht zuletzt ein spezieller Vorteil des Bautzener Kompetenzzentrums der Fakt ist, „dass wir über eine hohe Expertise beim Thema Koloproktologie verfügen“, macht Dr. Ulrich Keßler deutlich. Die letzten 16 Zentimeter des Darms sozusagen; der Enddarmbereich. „Hier besteht durch Fisteln und Fissuren eine besonders hoher Leidensdruck der Patienten.“

Gibt es spezielle Symptome für Darmkrebs?

Das Problem an einem Tumor im Darm ist, dass er sich lange Zeit unbemerkt entwickelt. „Es gibt anfangs gar keine Beschwerden, deshalb ist ja eine Vorsorgeuntersuchung auch so wichtig“, stellt Dr. Ulrich Keßler klar. Entweder eine Darmspiegelung oder auch eine Stuhlprobe, bei der Blutspuren entdeckt werden können, die einen Hinweis auf Darmkrebs geben könnten. „Das allerdings ist dann schon ein Symptom für ein späteres Stadium der Krebserkrankung“, macht der Darmkrebs-Spezialist deutlich. Wie auch eine sich ständig verändernde Konsistenz des Stuhls oder regelmäßige Unterleibsschmerzen und Verstopfungen. „Spätestens dann sollte dringend medizinischer Rat gesucht werden!“ Denn alles das sind Zeichen, dass ein Tumor im Darm möglich ist. „Und dann ist natürlich die Frage, ist der Tumor schon durch die Darmwand hindurchgewachsen oder noch nicht“, macht Dr. Ulrich Keßler deutlich, dass es für jedes Stadium der Erkrankung dann eine spezielle Therapie gibt. „Die wir in unserem Zentrum natürlich vollumfänglich anbieten können“, so der Bautzener Experte.

Dr. Ulrich Keßler. Foto: Oberlausitz-Kliniken Bautzen

Sport und gesunde Ernährung als erfolgreiche Vorsorge

Aber muss es tatsächlich erst zur Darmkrebs-Diagnose kommen? Gibt es abgesehen von den für alle ab 50 Jahren vorgeschlagenen und durch die Krankenkassen bezahlten Darmspiegelungen auch zum Beispiel Vorsorge durch einen gesünderen Lebensstil? „In jedem Fall“, so der Bautzener Chefarzt. Eine ausgewogene Ernährung, mit vielen Vitaminen und Sport sind auch wissenschaftlich belegt ein guter Weg, eine Krebserkrankung zu verhindern. „Es gibt zahlreiche Studien und Statistiken, die das deutlich belegen“, macht Dr. Ulrich Keßler klar. Mediterrane Kost, regelmäßige Bewegung und das Nutzen der möglichen Vorsorgeuntersuchungen machen es dem Darmkrebs schwer, weiterhin so hohe Diagnosezahlen und vor allem auch Todesfälle zu produzieren, ist der Bautzener Darmkrebs-Spezialist jedenfalls überzeugt. Allerdings verweist er auch gleichzeitig darauf, dass die Wartezeiten im Moment – in der neu aufgestellten und hochmodern ausgestatteten – Endoskopie des Kompetenzzentrums aktuell bei gut sechs Monaten liegen. „Aber weil wir wissen, wie wichtig Vorsorge ist, arbeiten wir mit Hochdruck daran, diese Wartezeiten zu verkürzen“, so Dr. Ulrich Keßler. 

Weitere wichtige Informationen rund ums Thema Darmkrebs und Krebs allgemein gibt es unter dem Stichwort Experten in unserem Online-Magazin Gesund in Sachsen.