Adipositas: Auch der Darm ist wichtig!

An den Helios-Weißeritztal-Kliniken hilft eine Spezialabteilung schwerst Übergewichtigen & setzt auf die Hilfe mikroskopisch kleiner Unterstützer aus dem Darm.
Der Freitaler Chefarzt Dr. Matthias Becker weiß, wie wichtig die Hilfe des Darms ist, wenn Adipositas-Patienten gesund abnehmen wollen. Foto: Thorsten Eckert
Der Freitaler Chefarzt Dr. Matthias Becker weiß, wie wichtig die Hilfe des Darms ist, wenn Adipositas-Patienten gesund abnehmen wollen. Foto: Thorsten Eckert

Können diese winzig kleinen Mikroorganismen aus dem Darm beim Abnehmen helfen? Der menschliche Darm ist mit unzähligen von ihnen besiedelt – und es hat sich gezeigt, dass sie nach Eingriffen, wie Magenverkleinerungen oder Bypass-Operationen am Dünndarm zusätzlich helfen, dass die Patienten einen spürbaren Erfolg in Sachen Gewichtsreduktion verbuchen können, sagt Dr. Matthias Becker. Er leitet als Chefarzt der Allgemein- und Vizeralchirurgie auch die spezielle Abteilung Adipositaschirurgie an den Helios Weißeritztal-Kliniken Freital und absolviert gemeinsam mit seinem Spezialisten-Team hier jedes Jahr um die 100 dieser angesprochenen Operationen, die anschließend zu enormen – aber für die Patienten wichtigen – Gewichtsverlusten führen.

Mikrobiom im Darm

„In manchen Fällen sind es bis zu 100 Kilo zu viel, die Patienten mit sich herumtragen“, weiß der Chefarzt. Und er weiß natürlich auch, dass allein auf die kleinen Helfer im Darm kein Verlass in Sachen Abnehmen ist; „aber ein wichtiger Aspekt ist das sogenannte Mikrobiom im Darm dann schon“. Dieses im doppelten Wortsinn Schwerpunkt-Gebiet der Freitaler Mediziner wird dabei in unserer Gesellschaft zunehmend wichtiger. Auch das im doppelten Wortsinn.

In der Weißeritztalklinik Freital leitet Dr. Matthias Becker die Allgemein- und Vizeralchirurgie und Adipositas-Chirurgie. Im Artikel: Adipositas: Auch der Darm ist wichtig fürs gesunde Abnehmen!
In der Weißeritztalklinik Freital leitet Dr. Matthias Becker die Allgemein- und Vizeralchirurgie und Adipositas-Chirurgie.

Die Einschränkungen rund um Corona, weiß der Chefarzt, packen noch einmal eine Last obendrauf. Eine seelische Last, die bei vielen Patienten zur weiteren Flucht in zu viel und zu falsches Essen führen kann – und der mit den Einschränkungen verbundene zusätzliche Bewegungsmangel tut sein Übriges … Und so wird der Bedarf an Eingriffen in Kliniken wie Freital sicher weiter steigen, ist Dr. Matthias Becker überzeugt.

Satt von etwa einer viertel Scheibe Brot?

Erfolgreiche Eingriff übrigens, die einem – eigentlich – recht einfachen Prinzip folgen: Der durch die OP geschaffene sogenannte Schlauchmagen, also die durchaus drastische Magenverkleinerung, sorgt dafür, dass der Magen statt wie normal für zwei bis 2,5 Liter Nahrung nur noch Platz für gut 120 Milliliter bietet. „Etwa eine viertel Scheibe Brot“, beschreibt Dr. Becker. „Die Patienten sind dennoch satt – und auch Mangelerscheinungen gibt es nicht!“ Denn der Körper kann trotzdem alle wichtigen Stoffe – wie Mineralien – aus der Nahrung aufnehmen. Und zwar in ausreichender Menge.

Im Laufe von bis zu zwei Jahren nach dem Eingriff verlieren Matthias Beckers Patientinnen und Patienten bis zu 60 Prozent des Übergewichts. „Und es wird tatsächlich nur das Übergewicht abgebaut, nicht das Normalgewicht“, unterstreicht der Chefarzt.

Was ist ein MagenBypass?

Bei einigen Betroffenen gehen die Chirurgen dennoch einen zusätzlichen Schritt; und auch hier kommt der Darm ins Spiel: Die Mediziner setzen einen sogenannten MagenBypass. Dabei werden rund 1,80 Meter des Dünndarms sozusagen als Umleitung um den Magen genutzt, „und von der Verdauung quasi ausgeschlossen“, beschreibt Dr. Becker. Damit ist der Weg der Nahrung durch den Körper kürzer, der so weniger Zeit hat, sich mit – dick machenden – Nährstoffen zu versorgen. Bis zu 80 Prozent weniger sind es. „Allerdings fehlen damit auch Vitamine oder Mineralien–D 3 und Eisen beispielsweise –, die müssen sich die Patienten dann über Tropfen oder Tabletten holen“, macht der Chefarzt deutlich. Deshalb bleibt das Ganze für die Betroffenen tatsächlich eine lebenslange Aufgabe.

Und hier kommen nun die schon erwähnten mikroskopisch kleinen Helfer aus dem Darm ins Spiel, „denn hier gibt es eben Schnittstellen zur Darmchirurgie“, so Dr. Becker. Eine weitere Schwerpunktdisziplin am Freitaler Klinikum.

Frau mit Übergesicht fasst sich in die Bauchfalte
Quelle: pexels.com

„Nach den Eingriffen zur Magenverkleinerung kommt es zu reproproduzierbaren Veränderungen des intestinalen Mikriobioms und es ist anzunehmen, dass diese Veränderungen einen direkten Beitrag zur postoperativen Gewichtsreduktion leisten“, beschreibt der Chefarzt. Heißt also, die Mikroorganismen helfen tatsächlich beim weiteren Abnehmen …

Die ganzheitliche Therapie

Aber natürlich muss dieses sehr komplexe Zusammenspiel innerhalb des Körpers unbedingt von Experten begleitet werden. Deshalb begleitet das Freitaler Team die Patienten auch dauerhaft. „Das gehört zu unserer Therapie, wir stellen die Nachsorge für all unsere Patienten durch regelmäßige Termine hier vor Ort sicher“, unterstreicht der Freitaler Chefarzt.

Wobei die Mediziner im Klinikum hoffen, dass sie künftig bei dieser Aufgabe noch stärker als bisher von den niedergelassenen Ärzten unterstützt werden. Das ist zum einen mit Blick auf die in Zukunft sicher weitere steigenden Fallzahlen wichtig, aber sorgt eben auch für kürzere Wege für die Betroffenen. Deshalb haben die Freitaler bereits jetzt ein entsprechendes Nachsorgekonzept entwickelt, das problemlos die Hausärzte einschließen kann. Wobei dem Freitaler Chefarzt nicht nur die Nachsorge am Herzen liegt; „sondern wichtig ist natürlich auch der Start in die Therapie“, sagt er. Und genau dafür wurde an den Weißeritztal-Kliniken ein umfangreiches interdisziplinäres Team zusammengestellt.

Hier arbeiten neben den Chirurgen auch Internisten, Physiotherapeuten, Ernährungsberater, speziell geschultes Pflegepersonal und nicht zuletzt auch Psychologen zusammen. „Denn beim Thema Übergewicht spielt die Psyche eine entscheidende Rolle“, weiß Dr. Becker. So werden mit allen Patienten zunächst intensive Gespräche geführt. Es muss geklärt werden, ob es psychische Probleme sind, die die Fettleibigkeit auslösen. „Es gibt Menschen, die sind nicht in der Lage, ihr Essverhalten zu kontrollieren – dort kann über Ernährungsberater und Psychologen geholfen werden.“ Ein Fakt, der mit Blick auf die schon angesprochenen Probleme durch Corona wohl in nächster Zeit noch einmal wichtiger werden dürfte …

Zusammenarbeit der Standorte

Auf diesem Gebiet arbeiten die Freitaler im Rahmen des gemeinsamen Adipositaszentrums im Übrigen eng mit dem Weißeritztal-Kliniken-Standort Dippoldiswalde zusammen, wo übergewichtige Patienten konservativ behandelt werden. Durch Ernährungsberatung oder Sporttherapien beispielsweise. Allerdings hilft das nur bis zu einem bestimmten Grad an Übergewicht. Ab einem BodyMass-Index (BMI) von über 50 hilft in aller Regel nur noch eine Operation. Durch diese OP ist dann übrigens auch der sogenannte Jojo-Effekt ausgeschlossen. „Der verkleinerte Magen sorgt dafür, dass sich der Körper nicht wieder zu viele Nährstoffe holen kann, sondern nur noch, was er tatsächlich braucht“, beschreibt der Freitaler Chefarzt.

Weitere Artikel zu neuen OP-Methoden gibt es hier.