Ausgerechnet Fett? Soll tatsächlich das beim Thema Gesundheit in Verruf geratene Fett bei der Therapie von Krankheiten eine wichtige Rolle spielen? Fett macht dick und ist ungesund, so die landläufige Meinung. Dabei können Fette tatsächlich bei der Behandlung bestimmter Krankheiten sogar unabdingbar sein. Im Rahmen der sogenannten ketogenen Ernährung bei der Behandlung von Epilepsie spielt Fett sogar die Hauptrolle: Es sorgt für die notwendige Energiezufuhr ins Gehirn, was für die Behandlung wichtig ist.
Die Fette übernehmen dabei die Aufgabe, die eigentlich Medikamente leisten sollen. Doch nicht immer bringen Medikamente den gewünschten Therapie-Erfolg; jeder spricht anders auf Wirkstoffe an. Außerdem können bei Betroffenen auch bestimmte Unverträglichkeiten bestehen, die den Einsatz einzelner Medikamente unmöglich machen. Gerade bei Epilepsie-Patienten ist das mitunter häufiger der Fall. Und genau hier kommt das Thema Fett ins Spiel. Denn genau auf diese Unterstützung durch die Fett setzen beispielsweise die Experten im Epilepsiezentrum Kleinwachau im Radeberger Ortsteil Liegau-Augustusbad, wenn sie über eine besondere Therapie für Epilepsie-Betroffene nachdenken: die erwähnte ketogene Ernährung.
Ketogene Ernährung bei Epilepsie
„Das Nahrungsfett wird in Ketonkörper umgewandelt, die dann die Energiezufuhr ins Gehirn übernehmen – dadurch ist eine Anfallsreduktion möglich“, beschreibt Antje Böhme, die zuständige Diätassistentin im Epilepsiezentrum. Auch Konzentration und Motorik können verbessert werden. Der Gehirnstoffwechsel wird durch diese Ernährung neu programmiert.
„Das funktioniert aber nur, wenn gleichzeitig die Kohlenhydrate stark reduziert werden!“ Sonst bereitet die „fette Ernährung“ beim Blick auf die Waage natürlich arge Probleme. In Kleinwachau werden die Betroffenen und deren Familien deshalb in der eigenen Therapieküche speziell geschult und mit entsprechenden Rezepten ausgestattet.
Ein Betroffener kommt zu Wort
Einer der Betroffenen ist Wolfgang Suchner. Der Musiker und Regisseur aus Wuppertal leidet seit 1991 an epileptischen Anfällen und kam vor 15 Jahren er zum ersten Mal zur Behandlung ins Epilepsiezentrum Kleinwachau. Seither ist er regelmäßig hier. Als ihm Antje Böhme bei einem seiner Aufenthalte 2018 eine ketogene Diät vorschlug, war er anfangs wenig überzeugt. Fette? Ob das funktioniert? Erinnert er sich an seine Vorbehalte. Doch die sind längst zerstreut. Denn dass die ketogene Ernährung eine sehr gute Alternative oder Ergänzung zu Medikamenten ist, dafür ist Wolfgang Suchner ein nahezu perfektes Beispiel.
Vier bis fünf Anfälle pro Monat waren bei ihm die Regel, „ich konnte nahezu die Uhr danach stellen“, erzählt er. Heute hat er einen Anfall pro Monat; und das auch noch deutlich sanfter. „Ich bin mal kurz abwesend, meine Umwelt kriegt das meist gar nicht mit.“ Er hatte auch schon ein halbes Jahr lang gar keine Anfälle. „Es ist ein riesiger Unterschied zu früher.“ So probiert Wolfgang Suchner bei seinen Aufenthalten im Epilepsiezentrum Kleinwachau nun immer wieder gern gemeinsam mit Antje Böhme Rezepte aus. Und er weiß, dass es beim Kochen und Essen auf das einzelne Gramm Kohlenhydrate ankommt. Sonst funktioniert es nicht.
„Fett ist sehr energiereich, da besteht tatsächlich die Gefahr, dass man schnell zunimmt“, sagt der Wuppertaler lachend. Durch die sehr gute Einstellung durch Antje Böhme hat er sein Gewicht – und vor allem die Epilepsie – im Griff. Und das ausgerechnet mit Fett!
Ein weiterer spannender Artikel ist „Epilepsie? Gute Heilungschancen bei Kindern„.